Interview: Linda Schulzki
Mit ihrem derben Humor und der kölschen Art macht Carolin Kebekus nicht über der Gürtellinie halt. Sie macht Witze über Menstruation, Furzen und Masturbieren und widerlegt so manches Klischee über Frauen. Denn Kebekus ist nicht leise, niedlich und nett, sondern laut und frech. Ihre Authentizität hat sich bewährt. Inzwischen ist sie vom WDR in die ARD gewechselt. Nun wird sie zusätzlich das erste Mal in einem Kinofilm zu sehen sein.

Im Film sehen wir Eltern, die darum wetteifern, am peinlichsten für ihre Kinder zu sein. Wofür hast du dich früher wegen deiner Eltern so richtig geschämt?
Ich hab mich geschämt, wenn meine Eltern in die Schule kamen, weil ich was vergessen hatte oder so. Das fand ich fürchterlich. Oder wenn sie mich wie ein Kleinkind behandelt haben oder mal betrunken waren und mein Vater dann getanzt hat. Das fand ich unheimlich peinlich. Aber das ist ja nichts im Vergleich zu dem, was wir im Film machen. (lacht)

Das stimmt.
Mir wäre es schon peinlich gewesen, wenn meine Mutter mich zu einer Party gebracht hätte und alle sie gesehen hätten. Im Film gehe ich als die Mutter nicht nur auf die Party, sondern besaufe mich und blamiere die Tochter bis auf die Knochen, indem ich vor allen Leuten tanze und meine Möpse auspacke. Das ist wirklich fürchterlich, aber sehr, sehr lustig.

Schämen sich im Gegenzug deine Eltern manchmal für dich? Wenn du z. B. übers Furzen redest...
Sie sagen es zumindest nicht. Aber die sind mittlerweile auch hartgesotten, die haben so ein dickes Fell, das ist denen mittlerweile alles egal. Die kann gar nichts mehr schocken.

Ist die Schauspielerei für dich so etwas wie ein Plan B, falls die Comedy mal nicht mehr läuft?
Ich glaube, wenn die Comedy nicht mehr läuft, dann krieg ich keine Drehbücher mehr. (lacht) Ich glaube, das geht Hand in Hand. Aber es hat total Spaß gemacht und ich würde natürlich gerne mehr drehen, wenn ich Zeit hätte und es ganz tolle Bücher gibt, die ich spielen kann. Ich hab totale Spielfreude, aber es ist auch ein Luxus, eine Hauptrolle in einem Kinofilm zu spielen und auch noch für die Rolle zu passen und besetzt zu werden. Es gibt so unheimlich viele gute Schauspielerinnen in Deutschland, da kann ich mir gar nicht anmaßen zu sagen, ich will jetzt bitte mehr Kino drehen. Aber es macht sehr viel Spaß und ich würde es gern weitermachen.

Wolltest du schon lange mal einen Kinofilm machen oder hat sich das so ergeben?
Es gab schon immer Pläne in die Richtung und es gab einige Bücher, die ich gelesen hatte, die mir aber nie gut gefallen haben. Ich hätte für keine dieser Geschichten meine Tour abgesagt. Es war mir immer wichtiger auf die Bühne zu gehen. Mit diesem Film war es zum ersten Mal eine Geschichte, bei der mir die Frauenrolle wirklich gefallen hat und die von der Gewichtung her gleichberechtigt war mit der Rolle des Mannes und nicht nur der Stichwortgeber für den lustigen Mann, sondern eigenständig lustig ist. Das ist leider selten in Drehbüchern. Oft ist die Frau nach fünf Minuten nackt und man weiß nicht, warum und was daran lustig sein soll.

Du greifst in deinen Shows oft feministische Themen auf. Hierzulande wurde kürzlich "Nein heißt Nein" gesetzlich verankert. Aber Donald Trump, dem mächtigsten Mann der Welt, wird Sexismus vorgeworfen. Hast du Angst, dass so etwas auch in Deutschland salonfähig werden könnte?
Ja, denn was ich unheimlich gefährlich finde, ist, dass dieser Mensch so rassistisch, sexistisch und ohne Wertschätzung über andere Menschen, über Frauen, redet. Und dass er damit bewirkt, dass so etwas plötzlich wieder salonfähig wird. Denn wenn der Präsident sagt "grab her by the pussy", dann ist das jawohl auch im Alltag okay. Das ist eine Entwicklung, die ich ganz furchtbar finde. Man hat sich am Anfang noch über Trump lustig gemacht, weil Vieles, was er von sich gegeben hat, einfach so lächerlich war. Aber mittlerweile kann ich nicht mehr so richtig darüber lachen. Eine ganze Zeit hatte ich das Gefühl, das kann nicht echt sein. Dass jetzt irgendwer kommt und sagt: "War’n Witz, ihr glaubt doch nicht wirklich, dass der Präsident ist. Das ist eigentlich Jim Carrey". Und dass der sich dann die Trump-Maske abnimmt, wir alle verarscht worden sind und das ein riesiger Fake von Saturday Night Live war. Aber so langsam wird das real und man muss sich ja auch fragen, warum so viele Menschen ihn gewählt haben.

Ist Humor für dich eine Art Kritik zu üben?
Ja, klar. Man bricht dadurch Dinge auf das herunter, was sie sind. Man versucht zu vereinfachen, um den Witz zu machen, und dadurch werden Missstände zunächst aufgedeckt und liegen einem klar vor Augen. Wenn man drüber lachen kann, dann hat man sich sozusagen eh drüber gestellt. Das finde ich sehr wichtig.

Mit Satire macht man sich nicht nur Freunde. Hast du schon Erfahrungen mit Drohungen und dergleichen gemacht?
Dass man Anfeindungen bekommt, ist normal und das muss sich jeder bewusst machen. Wenn man davor Angst hat, braucht man als Künstler gar nichts mehr zu machen. Damit muss man rechnen und es muss auch jeder Gesicht zeigen und diesen Diskussionen nicht aus dem Weg gehen und sagen, wofür man steht. Sonst beschneide ich mich selber in meiner Kunst und meiner Kreativität. Ich mach das ja aus einem inneren Antrieb und nicht nur damit alle es toll finden.

"Dass man Anfeindungen bekommt, ist normal."

Erst kam Gaby Köster, dann Anke Engelke und jetzt haben wir dich. Für die Comedybranche eine überschaubare Anzahl an besonders erfolgreichen Frauen. Was muss passieren, damit sich das ändert?
Wenn ich das wüsste. Aber ich glaube, dass die Mädels mittlerweile ein bisschen taffer werden und sich ihr Recht nehmen, ihr Potential besser nutzen und nicht so ängstlich sind. Ich glaube, das ist eine Entwicklung, die kommen wird. In Amerika ist es ja auch so, dass es unheimlich viele lustige Frauen gibt. Hier in Deutschland hat man immer das Gefühl, es darf nur eine geben. Die ist die lustigste Frau. Von allen Frauen. Früher war’s Anke Engelke. Als ob es Anke Engelke nicht mehr gäbe, oder Martina Hill nicht gibt, oder Gaby Köster nicht gibt. Es wird einem immer suggeriert, es gäbe nicht genug Platz für alle. Also jeder männliche Komiker, der auf der Bühne steht, macht mindestens die Hälfte seiner Witze über seine Freundin. Wieso sagt man da nicht "das macht doch schon Mario Barth", sondern da ist es erlaubt? Aber ich glaube, das wird sich alles ändern. Es kommen jetzt so viele junge Comediennes nach. Das wird sich ganz von selbst erledigen.

Du machst ganz bewusst Witze unter der Gürtellinie. Hast du schon mal Witze wieder gestrichen, weil sie dir doch zu weit gingen?
Ja, das hab ich. Manchmal gehen die Pferde mit mir durch und ich geb zu viel Gas in eine Richtung. Aber eigentlich hab ich noch nie einen Witz gestrichen, weil ich dachte, der ist jetzt zu krass, sondern eher, wenn er nicht lustig war.

Wenn man beruflich Witze erzählt, verliert man dann die Lust daran im Alltag, im Privaten?
Ne. Ich bin grundsätzlich einfach ein sehr alberner Mensch, ein sehr lustiger Mensch und ich lache total gerne. Das klingt immer so wie so ein Poesiealbumsspruch, aber ich bin einfach lieber fröhlich und albern und mit Leuten zusammen als nachdenklich Zuhause. Und das hat sich jetzt durch den Beruf nicht geändert.

Du bist inzwischen mit PussyTerror TV ins Hauptprogramm vom WDR in die ARD gewechselt. Welche Ziele hast du jetzt noch offen?
Nichts. Ich habe alles erreicht. Ich werde mich nun zum Sterben bereit machen. (lacht) Nein, es ergeben sich ja immer neue Sachen. Jetzt hab ich den Kinofilm gedreht und will vielleicht noch einen machen. Man lernt neue Leute kennen, die neue kreative Dinge machen. Ich würde gern auch mal ein bisschen mehr Musik machen. Aber ich hab ja noch Zeit und deswegen bin ich gerade einfach froh, dass alles gut läuft. Allein dass Leute sich Tickets für meine Show kaufen, das ist schon geil. Vor allem wenn man so einen langen Weg hinter sich hat wie ich. Das bedeutet viel. 

Schatz, nimm du sie!

ab 16. Februar 2017 im Kino
mit CAROLIN KEBEKUS, MAXIM MEHMET, ARINA PROKOFYEVA, ARSSENI BULTMANN, AXEL STEIN, JASMIN SCHWIERS, PATRICIA MEEDEN, LUDGER PISTOR und JOCHEN SCHROPP