In jedem seiner Filme spielte er seine berühmteren Kollegen an die Wand: Sei es Kevin Costner in Robin Hood, Bruce Willis in Stirb Langsam oder Matt Damon und Ben Affleck in Dogma - Alan Rickman kann mit minimaler Mimik mehr ausdrücken, als andere mit vielen Worten und Gesten. Die Gärtnerin von Versailles, der zweite Film, bei dem er auch Regie führte, ist die Liebes- und Emanzipationsgeschichte einer einfachen Frau, die die Gärtnerin König Ludwig XIV. wird. Im Interview spricht Alan Rickman über seine Arbeit als Regisseur, sein Schweigen über Harry Potter und seinen Horizont, der sich stets verschiebt.

Interview: Linda Schulzki
Als ich den kleinen Raum betrete, in dem Alan Rickman auf mich wartet, begegnet mir ein charmanter Brite, der erhaben und graziös da sitzt, sich kurz erhebt, um mir freundlich die Hand zu schütteln und mich anlächelt. Ich fühle mich ein bisschen wie Harry Potter mit dem Wissen, dass Snape doch einer von den Guten ist: voller Respekt und eingeschüchtert. Alan Rickman antwortet auf jede Frage sehr überlegt und präzise und verzaubert mich mit seiner tiefen, schönen Stimme, die so charakteristisch für ihn ist. Meine 10 Minuten mit ihm sind viel zu schnell vorbei und ich überlege noch beim Hinausgehen, ob in meinem Wasser womöglich etwas Zaubertrank war.

amicella: Wie ist es gleichzeitig der Regisseur und Schauspieler in einem Film zu sein?
Alan Rickman: Es ist ziemlich kompliziert, aber dieses Mal war es ein bisschen leichter, weil ich jemanden gespielt habe, der selber wie ein Regisseur ist und nur darauf wartet, dass Filme erfunden werden.

Das ist der zweite Film, bei dem Sie Regie führen. Mögen Sie es, mehr bestimmen zu können und mehr Verantwortung zu tragen?
Nicht immer, nein. Ich bin sehr glücklich damit, die Farbtube eines anderen Regisseurs zu sein. Es gibt ja heutzutage viele Schauspieler, die Filme selber machen und wenn man viele Filme gedreht hat, hat man hoffentlich eine Menge dabei übers Filme machen gelernt.

Die Bildsprache des Films zeigt eine außergewöhnliche Liebe fürs Detail. Konnten Sie Ideen verwirklichen, die Sie schon immer mal auf der Leinwand sehen wollten?
Ja, wir wollten uns in diesen großen Bildern bewegen. Ich schätze, es hat auch viel damit zu tun, dass ich Grafikdesigner war und auf einer Kunstschule ausgebildet wurde, bevor ich Schauspieler wurde. Im Film kommen verschiedene kleine Teile von mir zusammen. Der Regisseur, der Schauspieler und der Grafikdesigner.

Die Geschichte spielt im Frankreich des 17. Jahrhunderts. Sind Sie ein Fan historischer Filme?
Nicht unbedingt. Was den Film für mich interessant gemacht hat, war die Liebesgeschichte und die Probleme, die die beiden haben, bevor sie ein Paar werden können. Die Figur Sabine de Barra ist eine pure Erfindung. Sie hätte in der Zeit so nicht existieren können, als Frau mit einem eigenen Job. Da ist ein großer Teil Fantasie im Film, der über die Rolle der Frau Parallelen zur modernen Welt schafft. Das hat mich an der Geschichte so gereizt.

Wie war es diese Perücke zu tragen?
(lacht) Glücklicherweise kann man diese Art der Perücke leicht auf- und absetzen. Es gibt Perücken, für die du sehr lange in der Maske sitzen musst, weil sie dir hier (zeigt mit dem Zeigefinger seine Stirn entlang) angeklebt werden müssen. Aber diese setzt du einfach auf den Kopf. Ich bin allerdings froh, dass sie nicht so viel gewogen haben wie damals, da waren es ungefähr 5 Kilo.

Sie haben sehr lange keine Interviews gegeben, weil Sie Ihr Wissen über Harry Potter nicht verraten wollten.
Ja, stimmt, ich habe nicht über Harry Potter gesprochen. Ich wusste, was die Frage sein würde und habe die Kinder in meinem Kopf und meinem Herzen beschützt, die gerade erst Buch 3 lesen, während der Interviewer schon alle gelesen hat. Wenn du später anderswo Interviews gibts, rutscht es dir irgendwie raus.

Aber auch jetzt noch geben Sie selten Interviews. Wieso?
Du wünschst dir als Schauspieler mehr und mehr, dass die Leute deine Arbeit interessiert und nicht "Aha, das mag er also zum Frühstück". Ich finde, es ist keine gute Sache über diese realen Dinge von Schauspielern nachzudenken.

Sie spielen auch sehr viel Theater. Was fordert Sie mehr: Die Kamera oder das Live-Publikum?
Beides sind Herausforderungen für mich. Jemand hat mal gesagt, dass Theater wie Malen mit Öl und Filme machen wie Malen mit Wasserfarbe ist. Keines ist besser, sie sind nur ein unterschiedlicher Einsatz deiner selbst.

Sie haben eine beeindruckende Karriere hinter sich. Gibt es etwas, was Sie noch unbedingt erreichen wollen?
Ja, aber ich weiß nicht, was es ist (lacht). Es ist irgendwo da draußen. Ich glaube, Cate Blanchett war es, die gesagt hat: "Das Problem, wenn man einen Horizont vor sich hat, ist, dass je näher du an ihn herankommst, desto weiter entfernt er sich."

Klingt sehr weise.
Ja, aber du weißt, was ich meine oder?

Ja.
Da ist diese Grenze, der du immer näher kommst, aber sie ist immer gleich weit entfernt.

Die Gärtnerin von Versailles

Ab 30. April im Kino
Regie: Alan Rickman
Genre: Drama
mit KATE WINSLET, MATTHIAS SCHOENAERTS, ALAN RICKMAN, STANLEY TUCCI, HELEN MCCRORY, PAULA PAUL u.v.m.