Mit ihrem Talent, ihrer Leidenschaft für die Rolle und ihrer herausragenden Stimme gelang es der US-Amerikanerin Andrea Deck die Macher von Der Teufelsgeiger davon zu überzeugen, den Part von Paganinis Geliebter Charlotte Watson mit ihr zu besetzen.

Für Schauspieler ist die erste große Rolle etwas, woran sie sich immer erinnern werden, der erste Schritt auf dem Weg nach oben. An der Seite von David Garrett verkörpert sie die aufstrebende Sängerin mit einer Intensität, welche die Augen der Kinobesucher mit Tränen füllt. Wir haben mit ihr über Herausforderung der ersten Filmrolle gesprochen.

Interview: Alexandra Bersch

amicella: Hatten du und David so etwas wie einen „inneren Kreis“ am Set? Es war ja seine erste Schauspielerfahrung überhaupt und deine erste große Rolle.
Andrea Deck: Oh ja! Wir haben beide sehr viel gelernt. Angefangen beim Jargon am Filmset, den ganzen Kameraeinstellungen und so weiter. Manchmal haben David und ich einander diesen „Was? Was ist hier los? Was wollen die jetzt?“-Blick zugeworfen (lacht). Es war schon eine ähnliche Situation für uns beide.

War es schwierig, ohne richtige Proben zu drehen? Bernard Rose, der Regisseur, steht ja nicht so auf Proben…
Ja, er hält nicht viel vom Proben. Und er führt auch nicht wirklich detailliert Regie. Du wirst dazu angehalten, zu tun, was du willst und zu geben, was du kannst und wenn es ihm nicht passt, wird er dich in eine andere Richtung lenken. Oder aber er lässt es so weiterlaufen. Das ist sehr großzügig von ihm, aber gleichzeitig auch furchteinflößend. Es war schon eine sehr freie Erfahrung, was das Spiel vor der Kamera angeht.  Aber ich bin sehr dankbar dafür, weil man so den Charakter seiner Figur wirklich erforschen kann. Du kannst dich in der Szene frei bewegen und kannst tun und sagen, was du in dem Moment für richtig hältst. Es wurde wirklich viel improvisiert während des Filmdrehs.

Wie hast du es überhaupt geschafft, diese Rolle zu kriegen? Es haben doch sehr viele junge Frauen für den Part vorgesprochen. Weißt du, warum du ausgewählt wurdest?
Für mich war es schwierig, überhaupt zum Vorsprechen zugelassen zu werden. Wir haben alles versucht, um die Verantwortlichen davon zu überzeugen, mich anzusehen und anzuhören. Ich glaube, sie haben eher Leute vorsprechen lassen, die schon mehr Sing-Erfahrung haben. Und ich kam ja gerade frisch von der Akademie – der London Academy of Music and Dramatic Art, klassisch fürs Theater ausgebildet. Also war es ein bisschen schwierig, sie davon zu überzeugen, dass ich singe. Nicht nur irgendwie singe, sondern wirklich singe! Sobald ich von diesem Projekt gehört hatte, musste ich einfach meinen Hut in den Ring werfen und sagen: „Ich denke, ich kann hier wirklich eine tolle Leistung abliefern. Ich kann den Charakter der Charlotte lebhaft vor mir sehen, ich sehe, wie sie singen würde, wie sie ihre Stimme benutzen würde. Ich sehe all diese Dinge, also lasst es mich wenigstens versuchen!“ Und dann betrat ich den Raum, in dem das Vorsprechen statt fand und nach der ersten Runde wollten sie, dass ich sofort am nächsten Tag wiederkomme und von da an nahm alles seinen Lauf.

Und wie hat es mit dir, dem Singen und der Schauspielerei angefangen? Ich meine, du kommst aus Detroit! Hochburg des Hip Hop – und dann ist da diese junge Frau, die Opern singt und ein englisches Mädchen in einem Film über Paganini spielt…
(lacht) Es sind eine Menge Dinge nicht ich in dem Film. Aber genau das ist doch Schauspiel, oder? Ich bin am Stadtrand von Detroit geboren und aufgewachsen. Singen, etwas vorführen, schauspielern – das habe ich schon immer geliebt. Von klein auf wusste ich, dass ich genau das machen will und eine Zeit lang wollte ich wirklich Opernsängerin werden, also habe ich mich darauf konzentriert. Habe Opern gesungen und viel Klassisches. Das habe ich eine Weile einfach für mich gemacht, bis ich irgendwann gemerkt habe, dass ich die Schauspielerei auch wirklich mag. Und ich wollte sehr, sehr gerne eine Ausbildung in London absolvieren. So viele großartige Schauspieler kommen von den dortigen Schulen! Und ich hatte Glück, an einer davon aufgenommen zu werden. Noch heute muss ich mich manchmal kneifen, um es zu glauben! So kam es dann dazu, dass ich eine klassische Theater-Ausbildung machte und das Singen trotzdem immer so nebenbei lief. Als ich die Rolle der Charlotte bekommen habe, musste ich das verstaubte Wissen dann wieder hervorkramen und mich erstmal an alles erinnern, die ganzen technischen Sachen, wie man atmet und all das.

Hattest du einen Coach?
Nein. Da waren nur ich und das Klavier in meiner Wohnung.

Hast du deine Nachbarn gewarnt?
Hab ich nicht… (lacht) Glücklicherweise hat die Nachbarin über mir es aber sehr genossen und kam ein paar Mal runter und hat gesagt: „Wunderschön machst du das!“

Auch mitten in der Nacht?
Ich habe schon versucht, das Üben auf eine annehmbare Zeit zu begrenzen. Aber wahrscheinlich habe ich trotzdem ein paar Leute verärgert. Aber hey, so ist meine Arbeit halt! (lacht)

Zum Film und deinem Part darin – Charlotte. Kannst du dir vorstellen, deine Meinung über jemanden, den du überhaupt nicht leiden kannst, so schnell zu ändern, wie sie? Erst denkt sie, Paganini wäre ein totaler Idiot und dann hört sie ihn spielen und ist von einem Moment auf den anderen verzaubert!
Ich denke nicht, dass es bei Charlotte so plötzlich kam. Manchmal, wenn du jemanden absolut nicht ausstehen kannst, kämpfst du in Wirklichkeit innerlich mit etwas. Vielleicht ist da Eifersucht oder ein anderes sehr intensives Gefühl. Ich denke, dass diese Abneigung, die Charlotte für Paganini empfindet, daher rührt, dass da diese anderen Gefühle in ihr sind, die sie sich nicht eingestehen kann. Sie denkt etwas wie: „Er hat meinem Vater all diese schrecklichen Dinge angetan, aber warum fühle ich mich so sehr zu ihm hingezogen? Nein, nein, nein! Ich hasse ihn!“ Ich glaube, Hass und Liebe liegen viel näher beieinander, als wir denken.

Glaubst du, die Arbeit mit David Garrett  wird deiner Karriere einen Schub geben, so wie der Auftritt mit Paganini es für Charlottes Karriere getan hat?
Darauf kann ich nur hoffen. Leider kannst du als Schauspieler nicht einfach entscheiden „Oh, das wird jetzt ganz toll und wenn ich das jetzt mache, wird es diese Auswirkungen haben…“ Wir werden sehen. Es war auf jeden Fall ein Traum, diese Rolle zu bekommen und ich bin so stolz darauf und hoffe, dass jeder genauso fühlen wird, wenn er den Film sieht.

Filmausschnitt aus dem Film Der Teufelsgeiger mit Andrea Deck und David Garrett