Du bist mit deiner DVD „Meerjungfrauen kocht man nicht“ auf Platz eins der Bestseller bei Amazon in TV-Comedy. Hättest du das jemals gedacht?
Steffen Henssler: Hätte mir das einer vor 24 Jahren, als ich angefangen habe, Koch zu lernen gesagt, hätte man mir auch sagen können ich werde der Prinz von China. Das habe ich niemals gedacht, im wahrsten Sinne des Wortes ist es einfach lustig.

„Es ist viel leichter das Kochen zu vermitteln, ohne den Zeigefinger zu heben.“

Mehr Kochen oder mehr Komik – was erwartet die Zuschauer bei deiner Liveshow?
Das ist so fifty-fifty. Es sind komische Geschichten dabei, aber im Gegensatz zu vielen Comedians ist es nichts, was ich mir ausgedacht habe. Natürlich habe ich mir professionelle Hilfe geholt, damit ich das anständig erzählen kann. Aber die Geschichten sind mir alle so passiert und sind echt. Ich glaube, dass merken die Zuschauer. Es ist viel leichter das Kochen zu vermitteln, ohne den Zeigefinger zu heben und zu sagen, so man nimmt 50 Gramm hiervon und das röstet man jetzt ganz langsam an. Meine Gerichte sollen locker von der Hand gehen und einen besonderen Kniff haben. Die Leute sollen raus gehen, sich gut unterhalten fühlen, viel lachen, die eine oder andere Idee mit nach Hause nehmen und denken das probiere ich selber mal aus.

So eine große Bühnenshow ist für einen Koch nichts Alltägliches. Wie bist du überhaupt auf die Idee gekommen?
Die Produzenten von Topfgeldjäger sind an mich herangetreten und am Anfang dachte ich noch, das wäre nicht das Richtige für mich. Aber diesen Floh hatte ich immer im Ohr und irgendwann dachte ich mir, wieso eigentlich nicht? 2011 haben wir vier Probetermine gemacht, ich hab mich ganz gut geschlagen und die Leute waren begeistert. Jetzt macht es mir super viel Spaß. Das ist schon etwas Besonderes, wenn man wie heute in Hamburg in einem vollen Saal ist. Hier sitzen 1400 Leute, da hat man schon nen ganz anderen Drive.

Ich hab gelesen, dass du früher eigentlich ein ganz Schüchterner warst. Und jetzt stehst du vor einer vollen Halle und unterhältst die Menschen. Musst du dich dafür überwinden?
Das lief eher so in Phasen ab. Als ich klein war, war ich ein Großmaul, bis Mitte 20. Da bin ich etwas ruhiger geworden und mit Anfang 30 ging es wieder richtig los. Überwinden muss ich mich gar nicht, ich bin genauso, wie ich jetzt bin und wie ich auch auf der Bühne stehe. Damals, als ich mit 29 das Henssler Henssler eröffnet habe, stand ich sechs Tage die Woche, 16 Stunden am Tag im Laden und hatte auch gar keine Zeit an was anderes zu denken. Als es dann mit dem Fernsehen langsam losging und mein Leben sich ein bisschen verändert hat, lernt man schon lockerer zu werden.

Du haust auf der Bühne oder im Fernsehen oft ganz schön derbe Sprüche, auch gegen andere TV-Koch Kollegen raus. Wissen die wie sie das zu nehmen haben oder hat sich schon mal einer beschwert?
Nee, nee du siehst sie ja, da drüben stehen sie schon als Pappaufsteller. (Zeigt auf die Bühne) Speziell als wir die DVD gemacht haben, weil wir auch Bilder von den Leuten zeigen und eben diese Pappaufsteller haben, hat jeder von denen den Text vorher bekommen und abgesegnet. Natürlich haue ich auch raus, aber das sind alle super Köche und tolle Kollegen, das ist alles mit einem Augenzwinkern zu sehen. Horst Lichter zum Beispiel macht ja auch immer Scherze über mich. Das gibt sich dann nichts, wir sind alle auf einer Augenhöhe. Die Kollegen wissen, dass wir das machen und können sich darüber amüsieren, weil sie auch wissen, dass ich nen bisschen Recht habe. (Lacht)

Gibt es Aufregung oder Angst, dass ein Essen mal so gar nicht gelingt? Oder ist schon mal etwas so richtig schief gegangen?
Das ist für jeden Künstler der live geht das Beste was passieren kann. Ich reagiere dann spontan oder improvisiere mal. Am Anfang der Show ist mir mal ein Dessert komplett verbrannt, das kam schwarz aus dem Ofen wieder raus. Oder beim Huhn im Bratschlauch, ist mir der Bratschlauch geschmolzen, weil wir es zu heiß gemacht haben. Wenn natürlich alles in die Grütze geht ist das schlecht. Aber in dem Moment ist es einfach nur lustig. Gestern Abend in Bremen hat Pierre mein Assistent den Pizzateig ausgerollt und zu wenig Mehl genommen. Als ich den Fisch dann einschlagen wollte, klebte der ganze Pizzateig und ich musste richtig mit ihm kämpfen, die Leute haben sich natürlich totgelacht.

In deinen Restaurants in der Küche oder auf der großen Bühne – an welchem Ort bist du im Moment lieber?
Das tendiert mittlerweile dazu, dass ich ganz gerne Fernsehen mache und diese Bühnenshows. Das macht mir gerade einfach ziemlich viel Spaß. Natürlich bin ich deswegen auch weniger im Laden, das muss man ganz klar sagen. Aber ich hab sehr gute Jungs da, denen ich vertraue. Ich bin jetzt seit 24 Jahren Koch und für mich persönlich fühlt es sich jetzt völlig okay an, neue Sachen zu machen und zu lernen. An der Stelle zitiere ich immer ganz gerne Gordon Ramsay, den Koch aus England, der zig Restaurants hat und sehr viele Fernsehshows macht, der meinte: "Glauben Sie, wenn Sie einen Anzug von Giorgio Armani kaufen, dass er den selber geschneidert hat"

„Bei Sushi habe ich eine gewisse Leichtigkeit.“

Welches Gericht kochst du am liebsten?
Wenn ich im Laden bin, dann ist es nach wie vor so, dass ich am liebsten Sushi mache. Da habe ich so eine gewisse Leichtigkeit und muss nicht viel nachdenken um mir neue Sachen einfallen zu lassen. Das gefällt mir am besten.

Wovon lässt du dich bei neuen Rezepten inspirieren? Oder probierst du einfach so lange bis es schmeckt?
Seit mittlerweile elf Jahren bin ich selbstständig und koche seitdem ich 16 bin, da hat man ein gewisses Repertoire. Man weiß was zusammen passt und was gar nicht geht. Außerdem habe ich sehr gute Leute in meinen Restaurants, die sich extrem gut entwickeln und immer in Absprache mit mir neue Rezepte ausprobieren. Ein gutes Team in der Küche ist einfach das A und O, deswegen kann ich auch im Fernsehen sein oder auf der Bühne stehen. Ich weiß einfach, dass das Essen im Restaurant trotzdem super schmeckt.

Schickes Sterne-Restaurant oder Zuhause selber kochen. Was ist für dich gutes Essen?
Ich finde gutes Essen hat sehr viel mit der Atmosphäre des Ladens zu tun. Sterne-Restaurants wird es immer geben, aber man sitzt da steif, sobald der Teller leer ist wird er weggenommen und man hat das Gefühl man ist unter Beobachtung. Für mich soll Essen Spaß machen! Ich gehe lieber in einen Laden, in dem die Stimmung gut ist und man sich mit seinen Freunden unterhalten kann. Zuhause mit Freunden kochen ist natürlich sehr schön. Essen verbindet eben auf eine ganz besondere Weise.

Woher kommt deine Leidenschaft für Fisch und die Zubereitung von Sushi?
Ich hab in Nordfriesland in Bargum gelernt, das war nicht besonders fischlastig. Aber als ich dann wieder nach Hamburg gekommen bin, habe ich immer gerne Sushi oder asiatisch gegessen. Ich mochte gerne die Sojasauce und das Sesamöl, das war mein Geschmack. Fisch habe ich schon immer gerne verarbeitet, man ist damit einfach schneller. Ich bin jetzt nicht einer, der sich daran reibt, dass der Braten drei Stunden lang langsam vor sich hin schmort. Die Ruhe hab ich noch nicht richtig. Ich finde es gut, wenn man in die Küche geht und nach einer Viertelstunde hat man was. 

Hast du eine Sushi Kreation, die man schnell und ohne viel Vorwissen zuhause machen kann? 
Ich würde versuchen die Zutaten warm zu machen. Zum Beispiel eine Rolle mit Lachs, da würde ich den Streifen Lachs wie ein Schnitzel panieren, in der Pfanne braten, damit er außen heiß und innen kalt ist und schnell einrollen. Wenn man was Besonderes haben will, immer die Rolle mit etwas Warmen füllen. Denn die Wärme strahlt auf den Reis aus und macht das Sushi lockerer.

Welche ist deine Lieblingssushi Rolle?
Das ist Spicy Tuna: scharfgewürzter Thunfisch, Wasabi, Gurke, ein bisschen Mayonnaise und dann guten Appetit!

Sushi boomt, selbst in jedem Supermarkt gibt es eine Packung Sushi zu kaufen. Was hältst du von dieser Entwicklung?  
Dieses Sushi aus den Kühlschränken in Supermärkten ist völliger Nonsens. Sushi schmeckt nur, wenn der Reis Zimmertemperatur hat, nur dann hat man im Mund das Gefühl, das es locker auseinander geht  und nicht wie ein Stück Gummi ist.

„Überfischung der Meere ist absolut ein Thema.“

Viele Meere sind überfischt, aber du setzt dich für den verantwortungsvollen Umgang mit Produkten aus dem Meer ein. Wie setzt du das um?
Überfischung der Meere ist absolut ein Thema. Ich bin beim WWF engagiert und habe in meinen Restaurants auch einige Dinge umgestellt. Aber nichtsdestotrotz habe ich auch eine soziale Verantwortung meinen Mitarbeitern gegenüber und kann nicht sagen, wir machen jetzt gar nichts mehr mit Fisch. Wir suchen natürlich aus, welchen Fisch wir nehmen und welchen eben nicht. Zum Beispiel der rote Thunfisch, dieser Bluefin Tuna ist ja das Non plus Ultra, aber vom Aussterben bedroht, der ist natürlich auch bei mir rausgeflogen. Außerdem setzen wir sehr viel auf Aquakulturen. Ich selber habe mir mal in Norwegen diese Aquakulturen für Lachs angeguckt. Dort wird ständig das Wasser untersucht,  wenn Fische nur an einer Stelle sind, entstehen extrem viele Abfälle. Aber der Laden weiß auch, dass das einer der größten Exporte ist, deswegen passen sie schon darauf auf, dass das Wasser gut bleibt. Oft wenn es ums Geschäft geht ist die Moral sehr weit weg, aber da habe ich das Gefühl, die wissen was sie tun und was sie dem Wasser schuldig sind.

Welche Fische kann man bedenkenlos zum Sushi machen verwenden?
Ich würde auf Zuchtlachs gehen, der ist ein dankbarer Fisch. Der weiße Thunfisch, der Albacor geht auch noch. Sonst auf Garnelen oder auf Meeresfrüchte ausweichen. Sushi kann man aber auch sehr gut mit Gemüse machen und die Rollen einfach vegetarisch füllen.

Du hast schon drei Bücher, zwei Restaurants, viele Fernsehsendungen und deine Live-Show. Was kann denn jetzt noch kommen?
Es ist sehr spannend im Moment. Auf jeden Fall wird es ein viertes Buch geben und fernsehmäßig hab ich noch einiges vor, auch mein Bühnenprogramm würde ich sehr gerne weiterentwickeln. Da gibt es mehrere Ideen, aber da bin ich ganz klar am Sondieren, es gibt auch diverse Sachen die ich nicht mache, denn das was ich mache muss richtig passen.

Wieso haben deiner Meinung nach Kochshows so einen großen Erfolg? Wieso finden so viele Zuschauer das interessant?
Zum einen hat natürlich jeder Mensch eine Meinung dazu. Jeder kann zu dem Thema Kochen etwas sagen, denn jeder hat eine Küche zuhause, das ist nichts abstraktes wie der Weltraum. Ich glaube auch, dass die Kochshows einiges bewirkt haben. Die Menschen ernähren sich bewusster und auch Lebensmittelskandale werden mittlerweile ganz anders abgearbeitet und viel größer behandelt. Man ernährt sich für sich selber gut, denn nur so kann man die volle Leistung aus seinem Körper rausholen. Das ist auch das Geheimnis von Kochshows und wieso es sie immer geben wird. Zum anderen sind die meisten Fernsehköche so wie Lafer, Lichter und Schuhbeck alle große Entertainer und erzählen ihre Sachen cool und haben Erfolg. Und wenn ich mir teilweise anschaue, was im Fernsehen läuft mit diesen ganzen Reality-Doku Soaps, da sag ich doch: Mehr Kochshows!

Live-DVD: Meerjungfrauen kocht man nicht!

Der Ausnahmekoch gewährt nicht nur einen tiefen Einblick in die Feinheiten seiner Kochkunst. Getreu dem Motto "Kochen kann jeder" wird das Publikum auch in die Grundlagen der modernen Küche eingeweiht. Die Zuschauer sind dabei, wenn Steffen Henssler am Herd steht und Kochregeln sowie schnelle Gerichte präsentiert.
VÖ: 18.01.2013
Label: Sony Music Spassgesellschaft
Die DVD enthält die ungekürzte Show und reichlich Bonusmaterial. Sie beinhaltet ein kleines Rezeptheft mit allen Rezepten der Show zum nachkochen.
Web:www.steffenhenssler.de | www.whatsforbeats.com