Familienausflug ins Tropical Islands: Willst du den Whirlpool für dich allein – nimm Kinder mit rein
Unsere Redakteurin Alexandra Bersch wollte schon immer mal ins Tropical Islands in der Nähe von Berlin. Wie ein guter Tourist im 21. Jahrhundert las sie auf diversen Gästebewertungsportalen das, was hunderte Besucher vor ihr bestaunt und bemängelt haben. Stundenlang, auf dem Weg zur Arbeit, vor dem Schlafengehen, las sie Ein-Stern-Bewertungen, es war wie ein Unfall, bei dem man weggucken möchte, aber nicht kann. Denn obwohl das Tropical Islands mit Angeboten für die ganze Familie – und besonders für Kinder – wirbt, beschweren sich die Leute am meisten über genau das: Kinder. Die Vorfreude konnte das nicht trüben und unsere Redakteurin beschloss, die allem Anschein nach so kinderfeindliche Atmosphäre während ihres Besuchs genauer unter die Lupe zu nehmen.
In gefühlt jedem zweiten Kommentar heißt es: „Diese ganzen Kinder! Nirgendwo kann man seine Ruhe vor denen haben! Sogar in der Sauna nicht, und da glotzen sie sogar!“ Ich erzähle meinem Freund davon, der sagt nur: „Das ist so, als wenn die Leute sich beschweren, weil im Freibad zu viele Kinder sind.“
Ein Abenteuerdschungelschwimmbad ist kein Ort, an dem wir ohne Kinder sein wollen. Mit kurzen Hosen, Flipflops und Taucherbrillen machen wir, unser Sohn und unsere Nichte uns also auf den Weg nach Krausnick, eine halbe Autostunde südlich von Berlin. Alle paar Kilometer kommt von der Rückbank das obligatorische „Wann sind wir da?“ und „Oh man, ich bin so gespannt, wie das aussieht!“ Das sind wir allerdings auch. Mit 66.000 qm Grundfläche und 107 m Höhe ist die ehemalige Luftschiffwerft die größte freitragende Halle der Welt. Die heute fest verschlossenen Tore mussten zu Zeiten der Zeppeline stets zeitgleich geöffnet werden, da sie sonst durch den entstehenden Unterdruck hätte zusammenfallen können. Nachdem der Plan mit den Zeppelinen nicht aufging, stand die Halle lange leer – bis ein malaysischer Investor darauf aufmerksam wurde und beschloss, Deutschland seine eigenen Tropen zu bauen. Weil es hier doch immer so kalt ist. Wie es oft bei solchen Ideen ist, sagten ihm die Leute „Du bist doch blöd, das klappt ja nie.“ Hat es aber doch. 2004 öffnete das Tropical Islands seine Türen und verzeichnet seitdem einen nicht abreißenden Strom an Besuchern von Nah und Fern.
Wir steigen aus dem Auto und sind erstmal baff. Vor uns erhebt sich die riesige Konstruktion aus Stahl in den grauen Winterhimmel. Die Kinder hüpfen auf und ab und können es kaum erwarten, endlich aus den dicken Jacken in die Badesachen zu schlüpfen und auf Entdeckungstour im Regenwald zu gehen. Denn das ist unser erster Programmpunkt. Ankommen, ausziehen und einen Waldspaziergang machen, um uns nach der vierstündigen Fahrt die Beine zu vertreten.
In den Gästebewertungen auf verschiedenen Plattformen beschweren sich Besucher nicht nur gerne über Kinder, sondern auch über die Temperatur. Zu kalt sei es und überhaupt nicht tropisch. Davon merken wir nichts in unseren dicken Winterklamotten – und auch später nicht, als wir kurze Sommersachen tragen. Es ist wirklich sehr warm und schwül, wie im Schwimmbad eben, vielleicht sogar noch ein bisschen wärmer. Im Dschungel zwitschert es von allen Seiten. Auf unserer Wanderung sehen wir Flamingos und unzählige Zebrafinken, die in den künstlich angelegten Tropen ein Zuhause gefunden haben. Auch die Rot- und Gelbwangenschildkröten fühlen sich hier pudelwohl und vermehren sich sogar. Jedes Frühjahr graben sie Nester in den nährstoffreichen Boden und legen dort ihre Eier ab. Die Jungen sind allerdings todgeweiht, denn sobald diese das Wasser erreichen, werden sie als Festmahl von den Fischen verspeist. Deshalb versucht die 15-köpfige Regenwald-Crew, so viele Schildkrötenbabys wie möglich einzufangen und nach Möglichkeit ein neues Zuhause für sie zu finden.
Mal schlendern, mal rennen die Kinder durch den Dschungel, gucken sich jeden Baum und jeden Strauch, jeden Vogel und jeden Fisch ganz genau an. Es sind viele Kinder hier, große und kleine und ganz kleine, im Kinderwagen, in der Bauchtragetasche, auf Papas Schultern, an Mamas Brust. Aber die Menge an händchenhaltenden Paaren jeden Alters ist das, was uns ins Auge fällt. Ich versuche, in den Gesichtern der Kinderlosen etwas zu erkennen, was darauf schließen lässt, ob sie sich wohl fühlen zwischen den ganzen Familien mit den hüpfenden Kindern mit tropfenden Eiswaffeln in den Händen oder ob sie zu denen gehören, die diesen Ort im Anschluss an ihren Besuch auf Tripadvisor und Co. verreißen werden. Aber die meisten scheinen den Kinderlärm ganz gut auszublenden, niemand feindet uns an – so wie wir es nach den Kommentaren und Ein-Stern-von-fünf-Bewertungen im Internet befürchtet haben.
Wir sind auf jeden Fall ziemlich geschafft, als wir gegen 22 Uhr auf dem Zimmer sind. Schwimmen, tauchen, verbotenerweise vom Beckenrand springen – es ist anstrengend, ein Kind zu sein. Und Eltern sein sowieso. Wie gut, dass die Kinder schnell in ihrem Hochbett einschlafen und wir die Tür zum separaten Kinderzimmer mit der Schatzkarte an der Wand zumachen, uns auf unserem Himmelbett ausstrecken und morgens vom geschäftigen Tapsen kleiner Füße geweckt werden. Die Nacht war ruhig, nichts zu hören von den Nachtbadenden oder dem Reinigungspersonal. Es ist Frühstückszeit und wie erwartet platzt das Jabarima Restaurant, in dem das Frühstücksbuffet bereit steht, aus allen Nähten. Das Personal wirkt auf den ersten Blick unfreundlich und distanziert. Das Wort, das oft in den Internet-Bewertungen fällt, ist „zickig“. Nach kurzer Zeit aber wird klar: Das ist kein Gezicke, das ist die regionale Mentalität. Denn wir befinden uns mitten in Brandenburg, nicht im Land des Lächelns. Zwischendurch vergesse ich sogar, dass wir ein ganzes Wochenende in einem geschlossenen Raum verbringen, so groß und hoch und ausgeglichen belüftet ist alles. Die rund 50.000 Pflanzen tragen sicher auch ihren Teil zum angenehmen Klima bei.
Nach dem Frühstück schlendern wir am Südseestrand entlang und entdecken eine Familie, die allem Anschein nach in Schlafsäcken am Strand übernachtet hat und gerade zum gemeinschaftlichen Bad ins Wasser tauchen will. So genügsam müsste man sein, denke ich, denn eine Übernachtung auf einer Strandliege kostet gerade mal 24,50 Euro, wohingegen eine Nacht in einem der Zimmer locker mit dem Fünffachen zu Buche schlägt. Im Tropical Islands darf nämlich tatsächlich die ganze Nacht gebadet werden. Lässt man sich nicht von den nächtlichen Reinigungsarbeiten die Laune verderben, kann man nachts in der menschenleeren Lagune seinen Runden drehen.
Wie es so ist mit Kindern, verbringen wir den ganzen Tag im Wasser, unterbrochen von einer kleinen Pommes-Pause und dem abendlichen Besuch der atemberaubenden Abendshow „Cuba Tropical“. Tanzende Schönheiten in schillernden Kostümen wechseln sich ab mit Weltklasse-Akrobaten. Kann – und muss – man sich ansehen. Besonders mit Kindern. Diese fassen am zweiten Tag übrigens den festen Entschluss, das Tropical Islands zu kaufen, um „hundert Millionen Jahre“ hierbleiben zu können.
Im Anschluss an eine letzte Runde Schwimmen in der Lagune wird es Zeit für die Sauna, denken mein Freund und ich. Die Kinder sehen das allerdings anders. Ausziehen geht auf gar keinen Fall und im für uns Erwachsene sehr angenehmen Dampfbad finden sie es „eklig und stinkig“. Da mein Freund ein viel leidenschaftlicher Saunierer ist als ich, gönne ich ihm ein paar ungestörte Saunagänge und gehe mit den Kindern in einen der drei großen Whirlpools mit wechselndem buntem Licht. Und dort, im warmen Wasser, mit hüpfenden und tauchenden und wild durcheinander redenden Kindern wird mir an diesem Wochenende zum ersten Mal bewusst, dass sie eben doch nicht immer friedlich nebeneinander existieren können, die Familien und die knutschenden Pärchen. Denn merke: Willst du den Whirlpool ganz für dich allein – nimm Kinder mit rein. Innerhalb von wenigen Minuten verlassen die fünf Paare das Sprudelbecken, sehr zur Freude der Kinder und zu meiner Scham. Aber wofür schäme ich mich eigentlich? Dafür, dass sie nicht nackt sein wollten? Oder dafür, dass sie ein bisschen mehr Bewegung ins Wasser gebracht haben? Berührt, geschubst, getreten oder angespritzt haben sie niemanden. Schäme ich mich dafür, dass ich die öffentliche Privatsphäre anderer Menschen verletzt, indem ich Lärm hineingebracht habe? Am Eingang zur Saunalandschaft war nur „Keine Badesachen!“ ausgeschildert, von „Keine Kinder!“ habe ich nichts gesehen. Und tatsächlich, als ich mich gerade umdrehe, um zu sehen, ob der frisch saunierte Mann um die Ecke kommt, erblicke ich eine Familie mit einem Kind, das ein bisschen jünger ist als unsere. Sie steuern den Whirlpool an, lächeln höflich, als sie sich ins Wasser gleiten lassen und scheinen genauso erleichtert zu sein wie ich, sich jetzt in „unserem“ Whirlpool nicht mehr schämen zu müssen.
Infos, Tickets und Spezial-Angebote rund um das Tropical Islands gibt es unter www.tropical-islands.de