Alexandra Kampmeier glaubt auch weiterhin an ihren nicht ganz alltäglichen Beruf. Unserer Redakteurin Charlotte Schwarck hat sie ihre persönliche Geschichte erzählt...

Schicksal oder Zufall?

Es war einmal vor vielen, vielen Jahren eine junge Frau namens Alexandra, die sich nach ihrer Ausbildung im Reisebüro in das sonnige Spanien begab. Gemeinsam mit einer spanischen Mitbewohnerin, immer auf der Suche nach günstigen Gelegenheiten um zu essen und zu trinken, gelangten sie einst auf eine Ausstellungseröffnung. Dort sahen sie den Auftritt einer Geschichtenerzählerin. Sofort war Alexandra gefesselt von den Künsten der Erzählerin.

Zurück in Deutschland blieb ihr die Begegnung lange im Kopf. Aber es sollten noch einige Jahre vergehen, bis sie durch Zufall in einem kleinen Blättchen die Anzeigen "Ausbildung zur Märchenerzählerin" und "Touristikprofi gesucht" fand. So zog es sie nach Nürnberg, wo sie des Geldes wegen zunächst den Job im Touristikbereich begann. Den unfreiwilligen Wendepunkt brachte der Tod ihrer Freundin. Alexandra beschloss, nur noch das zu machen, was sie wirklich will und ihr Spaß macht. Sie begann mit der Ausbildung zur Märchenerzählerin, beschäftigte sich mit Grimms Märchen, dem Inhalt, der Bedeutung und der Symbolik. Auch die richtige Atemtechnik, was Geschichten für eine Macht haben und was man mit ihnen alles ausdrücken kann standen auf dem Programm. Für sie war sofort klar: „Damit will ich meinen Lebesunterhalt verdienen!"

Schon immer hat es sie nach Hamburg gezogen. Schließlich, am 1. Januar 2005, wagte Alexandra den Schritt in die Selbstständigkeit in der Hansestadt. Seitdem sei immer etwas los, erzählt die großgewachsene Frau fröhlich. Ihr Gesicht wird ernst - es gab natürlich auch schlaflose Nächte. Doch daran, dass es mit ihrer Berufswahl etwas wird, hat Alexandra nie auch nur eine Sekunde gezweifelt.

Erzählen ist ein Saisongeschäft

Im Winter und zur Weihnachtszeit klingelt das Telefon ständig. Dies ist die Hauptsaison im Märchen- und Erzählgeschäft. Sie ist viel unterwegs, zieht mit ihren Geschichten im Gepäck von Stadt zu Stadt. Und auch ab Mai, wenn wieder die Hochzeiten starten, hat sie viel zu tun. Denn Alexandra erzählt nicht nur Geschichten - auch Hochzeitszeremonien führt sie durch. Mit leuchtenden Augen schwärmt sie von den Hochzeiten, die alle auf die unterschiedlichsten Weisen toll seien. Oft erzählt sie bei solchen Anlässen persönliche Liebes- und Lebensgeschichten des Brautpaares – auch wenn sie die Menschen, von denen sie erzählt nicht ein einziges Mal getroffen hat. Auf die Frage wie sie das denn glaubwürdig hinbekommt, antwortet sie ganz selbstbewusst, dass dies eben ihr Talent sei: rauszufischen was einen Menschen ausmacht. Sie vertraut sich selber, die Geschichte richtig zu erzählen - und das gelingt ihr. Noch nie kamen Beschwerden oder negative Kritik, freut sich die 40-Jährige. 

Stimmt das oder Stimmt das nicht?

So verschieden wie ihre Geschichten sind, so unterschiedlich ist auch ihr Publikum. Das reicht von Kindern über Erwachsene bis hin zu älteren Menschen in Seniorenresidenzen. Kinder sind kritisch aber stehen meist noch an der Schwelle: Glauben sie es oder glauben sie es nicht? Die Erwachsenen zu begeistern gestaltet sich meist etwas schwieriger, da packt die Erzählerin der Ehrgeiz. Sie möchte die Menschen in ihre Fantasie zurückbringen und erreichen, dass sie mit offenen Augen durch die Welt gehen. Auch Alltagsgeschichten können märchenhaft sein, müssen es aber nicht. Sie liebt es, aus ihrem Leben gegriffene Geschichten zu erzählen um schlussendlich ins Skurrile abzudriften und dann zu spüren, wie die Zuhörer sich fragen: Stimmt das jetzt oder stimmt das nicht? In dem Moment jubiliere sie innerlich und denke, sie habe alles richtig gemacht, erzählt Alexandra.

Bei ihr hat seit jeher alles ein Eigenleben entwickelt, egal ob die Wolken am Himmel oder die kleinen Löffel in der Schublade. Ihre Inspiration kommt aus ihrem Umfeld, denn selbst in der Bahn passieren die verrücktesten Dinge. Ihre blühende Fantasie kam zusammen mit der Geschichtenerzählerin auf die Welt. Aus kleinsten Stichworten oder schönen Momenten bastelt sie Geschichten, die erzählt werden wollen. Auch für Ernstes und Besinnliches ist bei ihr Platz. Selbst Tränen dürfen fließen, nur darf damit eine Geschichte nicht zu Ende gehen, betont Alexandra. Das Fantastische im Märchen fasziniert sie jeden Tag aufs Neue. Alles ist möglich im Märchen. Die Art, auf die das Publikum angesprochen wird ist einfach eine andere. Durch das gesprochene Wort entwickeln die Hörer ganz andere Bilder und können ihrer Fantasie freien Lauf lassen, erklärt sie mit ihrer vollen Stimme.

Der Traum vom eigenen Buch

Von einem zweiten Buch und einem Hörbuch träumt Alexandra bis jetzt nur, erzwingen will sie da gar nichts. Das Schreiben liegt ihr und macht ihr wahnsinnigen Spaß. In ihrem neunten Jahr der Selbstständigkeit kommen viele Projekte auf sie zu - zum Beispiel das Erzählprojekt „die wortlichter“. Doch mit ihren 40 Jahren sieht sie sich erst am Anfang und sagt lachend: "Ich habe ja noch alle Zeit der Welt..."

Mehr Informationen zu Alexandra Kampmeier und ihren Geschichten unter www.das-leben-steckt-voller-geschichten.de