Wenn die Familie unterm geschmückten Baum sitzt und der Duft von Plätzchen, Gänsebraten und subtilen Schuldgefühlen in der Luft liegt, weißt du: Es ist Weihnachtszeit! An den vielleicht einzigen drei Tagen im Jahr, an denen deine Familie zusammenkommt heißt es Geschenke kaufen, sich darüber freuen oder zumindest so tun, sensiblen Gesprächsthemen aus dem Weg gehen und essen. Denn das gute Essen ist vielleicht das einzige worauf sich alle einigen können. Eigentlich.

Vegetarisches und veganes Essen ist längst nicht mehr nur ein Hype. 2015 ernährten sich 7,8 Millionen Deutsche vegetarisch und 90.000 vegan berichtet der Vegetarierbund Deutschland. Außerdem wächst der Markt für fleischfreie Lebensmittel und Lifestyleprodukte seit Jahren. So erschienen im Jahr 2012 nur 23 vegane Kochbücher. Die Zahl wuchs stetig an und 2016 waren es 211.

Veganer Alltag = vegane Feiertage?

Vegan und vegetarisch kochen wird einem also immer einfacher und damit alltagstauglich gemacht. Wenn aber die Festtage nahen und man nicht mehr nur für sich selbst kocht, sondern für viele, oder bei Mutti eingeladen ist, kann die fleischfreie Ernährung zum Problem werden. Darüber machen sich besonders neue Vegetarier und Veganer Gedanken. Alleine die Ankündigung, dass man von Muttis Gänsebraten nichts essen möchte, sorgt meistens schon für eine mittelschwere Krise, wie eine Nutzerin des Vegetarierformus berichtet: „Am 1. Feiertag bei meinem Vater + Lebensgefährtin gibt's den dicken Entenbraten. Da werde ich mir wohl was mitbringen, was ich mir dann dort schnell in die Micro schieben kann. Dieser Teil der Familie ist jedenfalls schon etwas angefressen, dass quasi ne "Extrawurst" gebraten werden muss (obwohl ich das doch selbst mache)“.

Was isst man denn da überhaupt?

Im besten Fall hat die Familie Verständnis und Mutter/Vater/Oma kocht etwas extra. Stößt du eher auf Unverständnis heißt es: stark sein und selbst kochen. Du kannst wie die Userin dir etwas vorkochen und mitbringen. Dann machst du den Gastgebern keine zusätzliche Arbeit und kannst nebenbei noch zeigen, dass fleischfreies Essen auch gut aussehen und schmecken kann. Sollte deine Familie etwas aufgeschlossener sein, kannst du auch zum Gastgeber werden und sie pflanzlich bekochen. Tolle Rezepte, die optisch und geschmacklich was her machen findest du hier. Oder du schaust mal auf dem Blog „eat this“ von Nadine und Jörg vorbei. Die beiden leben seit rund zehn Jahren vegan und posten regelmäßig neue Rezepte. Zu Weihnachten empfehlen sie den Nussbraten. Laut Rezept klingt der Name zwar „nicht gerade sexy“. Im Interview versicherten uns die beiden aber: „Der kommt auch bei Omnivoren super an!“. Omnivore ist die Bezeichnung für Menschen, die Tierprodukte essen. Die beiden müssen es wissen, denn sie richten ein komplett veganes Weihnachtsessen für ihre Familie aus, in der zwar einige Verwandte ebenfalls tierfrei essen, aber auch ein paar Fleischesser verblieben sind.

Essverhalten als Thema des Tischgesprächs

Wenn sich „Omnis“ und Veganer am Tisch begegnen, kann schon mal die ein oder andere unangenehme Situation entstehen. „Cousine Lisa hat ihren Job verloren und Onkel Bernd bekommt ein uneheliches Kind mit seiner Sekretärin“ – diese Kleinigkeiten interessieren keinen mehr, sobald du dich als vegan ‘outest’. Sofort wirst du mit Aussagen überschwemmt, die irgendwo zwischen „besorgt-nachfragend und passiv-aggressiv schwanken.“, beschreibt das Himate-Magazin die „13 dummen Sprüche, die dich als Veganer an Weihnachten erwarten“. Nadine und Jörg machten vor 10 Jahren noch ähnliche Erfahrungen. „Mittlerweile hat sich das mit den ‘nervigen’ Fragen gelegt. Hin und wieder wird man gefragt, wie man Produkt XY ersetzt, aber im Großen und Ganzen hat sich das Verständnis um den Veganismus in den letzten Jahren sehr verbreitet.“, beschreiben sie die Veränderung.

Ausgehen und schenken

Das Familienessen kann also mit Organisationstalent und eventuell einem dicken Fell gut über die Bühne gebracht werden. Wie aber regelt man Betriebsfeiern und Weihnachtsmarktbesuche, ohne sich ins soziale Aus zu katapultieren? „Am besten fragt man im Restaurant nach. Mittlerweile wird man dabei auch gar nicht mehr schräg angeschaut und mit der Zeit hat man den Dreh ohnehin raus, welche Gerichte sicherlich vegan sind und bei welchen man sicherheitshalber nachhaken sollte“, raten Jörg und Nadine. Nachdem es mittlerweile auch auf Weihnachtsmärkten vegane Würstchen und vegane Schupfnudeln gäbe, sei auch das kein Problem mehr. Eigentlich ganz easy also, oder?

Ein letztes Konfliktpotenzial bieten die Geschenke. Hier kann es vorkommen, dass man als Veganer etwas nicht-veganes geschenkt bekommt und sei es unabsichtlich. Das könne man laut Jörg und Nadine mit ein paar erklärenden Worten nett ablehnen und der Person als Entschuldigung einen veganen Schoki-Weihnachtsmann mitbringen. Hilfreich für Schenkende: „Wer auf Nummer sicher gehen möchte, achtet auf vegane Kennzeichnungen auf Lebensmitteln und Kosmetik oder kauft direkt in veganen Läden und Onlineshops ein.“ Schnieke Klamotten von veganen Labels seien natürlich auch immer eine gute Idee.