Alternative Behandlungsmethoden zur westlichen Schulmedizin gewinnen in Deutschland immer mehr an Bedeutung - so auch die mehrere tausend Jahre alte Traditionelle Chinesische Medizin (TCM). Ihr ganzheitlicher Ansatz findet sowohl in Diagnose als auch in Therapie Anwendung.

Experte Dr. med. Sven Schröder, TCM-Arzt und Facharzt für Neurologie stellt die Therapiemethoden der Traditionellen Chinesischen Medizin vor.

Wie entsteht eine Krankheit?

Aus chinesischer Sicht kommt es zu einer Erkrankung, wenn der Energiefluss gestört oder sogar unterbrochen ist. In der TCM werden daher nicht nur einzelne Organe betrachtet, sondern der Mensch in seiner Gesamtheit. Alle Heilmethoden der TCM zielen darauf ab, den natürlichen Energiefluss eines Menschen wieder in sein Gleichgewicht und in eine Gradläufigkeit zu bringen.

Individuelle Reaktionen erfordern individuelle Behandlung

Jeder Mensch zeigt eine individuelle körperliche Reaktion auf äußere und innere Krankheitsursachen. „Ein Beispiel ist die Reaktion auf Stress“, erklärt Dr. Sven Schröder, Ärztlicher Geschäftsführer des HanseMerkur Zentrums für TCM am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf und fügt hinzu: „Der Eine bekommt Magenschmerzen, ein Anderer schläft schlecht, ein Dritter wiederum wird reizbar“. Diesen individuellen Reaktionen des Körpers trägt die Traditionelle Chinesische Medizin Rechnung. Patienten erhalten also bei gleicher Erkrankung unterschiedliche Behandlungen.

Diagnosemethoden der Traditionellen Chinesischen Medizin

Nach einem ausführlichen Patientengespräch, bei dem neben den körperlichen Beschwerden auch der seelische Zustand des Patienten sowie seine Lebensgewohnheiten betrachtet werden, erfolgt die Diagnose über die Zunge und den Puls.

Bei der Zungendiagnose geben Form, Farbe, Feuchtigkeit und Belag der Zunge Hinweise auf die Erkrankung. Denn in der chinesischen Medizin heißt es, dass die Zunge ein Spiegel der inneren Organe ist. Mit Hilfe der Pulsdiagnostik bei der die Pulstaststellen inneren Organen zugeordnet sind, erhält der TCM-Arzt ebenfalls wichtige Informationen zur Krankheitsgeschichte.

Therapiemethoden: Die fünf Säulen der Traditionellen Chinesischen Medizin

Die Behandlung in der Traditionellen Chinesischen Medizin beruht auf fünf Säulen, wobei die Chinesische Arzneitherapie die wichtigste therapeutische Methode unter ihnen darstellt.

Chinesische Arzneitherapie / Kräuterheilkunde

Die chinesische Arzneitherapie ist die wichtigste therapeutische Methode der TCM.
Es gibt über 3.000 Arzneimittel, die überwiegend pflanzlicher Natur sind, aber auch aus mineralischen und tierischen Produkten bestehen. Üblicherweise werden diese Arzneien in Teeform verabreicht. Weitere Darreichungsformen sind Kapseln, Pulver und Tropfenextrakte sowie Salben und Pasten bei Hauterkrankungen.

Akupunktur und Moxibustion

Bei dem bekanntesten Verfahren der TCM werden spezifische Heilreflexe über Reizpunkte auf der Haut, die sogenannten Akupunkturpunkte, ausgelöst. Eng verbunden mit der klassischen Akupunktur ist die Moxibustion, bei der durch Abbrennen getrockneter Blätter des Beifußkrautes (Moxa) dem Körper Wärme zugeführt wird.

Tuina (Chinesische Manuelle Therapie)

Bei der Tuina-Therapie werden im Rahmen einer Heilmassage Reflexzonen der Haut, Akupunkturpunkte und Leitbahnen behandelt. Dabei kommen über 50 manuelle Techniken zum Einsatz, die entsprechend der differenzierten funktionellen Diagnose der Chinesischen Medizin für den Individualfall gezielt ausgewählt und eingesetzt werden.

Chinesische Diätetik

Die Diätetik der Chinesischen Medizin beruht auf speziellen Wirkbeschreibungen der Nahrungsmittel. Über die im Westen bekannten und verbreiteten Angaben von Wirkstoffgehalten – wie Vitamine, Kalorien, glykämischer Index – hinaus, werden bei den Lebensmitteln Temperaturverhalten, Organbezug, Geschmack und Wirkrichtung im Körper beschrieben. So werden funktionelle Wirkungen („energetische Eigenschaften“) der Lebensmittel genau beschrieben, um Präventiv- und Heildiäten individuell zu steuern.

Qigong

Bei dieser Methode werden konzentrative Atem- und Bewegungsübungen durchgeführt, die in öffentlichen Parks in China eine beliebte Morgengymnastik sind. Systematische Dehnübungen von Reflexarealen (so genannten Leitbahnen, „Meridianen“) werden mit Atemübungen und meditativen Elementen verbunden.

Behandlung von Allergien mit Traditioneller Chinesischer Medizin

Allergien zählen in Deutschland inzwischen zu den Volkskrankheiten – fast jeder Dritte leidet darunter. Betroffene zeigen beispielsweise heftige Abwehrreaktionen auf normalerweise harmlose Umweltstoffe wie zum Beispiel Pollen, Tierhaare oder Nüsse und reagieren mit juckenden Augen, triefender Nase oder Hautausschlägen.

Zu den Ursachen allergischer Erkrankungen zählen genetische Faktoren, Umweltfaktoren sowie veränderte Lebensgewohnheiten. Die sogenannte Hygienehypothese erklärt den Anstieg der Häufigkeit von Allergien. Experten vermuten, dass übertriebene Hygienemaßnahmen das Immunsystem unterfordern und es deshalb anfälliger ist. Bei der Behandlung von Allergien gehört zur schulmedizinischen Standardtherapie die Verschreibung von Antihistaminika oder auch Kortison, bei deren Einnahme allerdings unerwünschte Nebenwirkungen wie z.B. Kopfschmerzen, Gewichtszunahme und Einlagerung von Wasser oder Müdigkeit auftreten können.

Anders als die westliche Medizin, bei der die Behandlung im Allgemeinen von Laborwerten und Röntgenbefunden abhängig ist, beschränkt sich die über 3000 Jahre alte Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) nicht auf wenige Parameter, sondern sieht Beschwerden und Befunde im Zusammenhang der gesamten Regulation des Körpers. So beschäftigt den TCM-Arzt bei Allergien nicht so sehr die Frage, worauf sein Patient allergisch reagiert, sondern welches Ungleichgewicht im Körper die Allergiebereitschaft fördert.

„Die Behandlung von Allergien mit Akupunktur verbunden mit Chinesischer Kräutertherapie ist vielversprechend“, erklärt Dr. Sven Schröder, Ärztlicher Geschäftsführer des HanseMerkur Zentrums für Traditionelle Chinesische Medizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. „Bei der Akupunktur werden mit Hilfe von Akupunkturnadeln spezifische Heilreflexe über Reizpunkte auf der Haut ausgelöst. Man geht davon aus, dass durch die Akupunktur eine gezielte Modulation des Immunsystems möglich ist“, so Schröder weiter. Dadurch können im Verlauf der Behandlung häufig Medikamente wie Antihistaminika und Kortison abgesetzt oder reduziert werden. In der Regel umfasst eine Behandlungsserie fünf bis zehn Akupunktursitzungen.

Ergänzt wird die Behandlung durch die Chinesische Arzneitherapie, die wichtigste therapeutische Methode der TCM. Es gibt über 3.000 Arzneimittel, die überwiegend pflanzlicher Natur sind, aber auch aus mineralischen und tierischen Produkten bestehen. Üblicherweise werden diese Arzneien in Teeform verabreicht. Weitere Darreichungsformen sind Kapseln, Pulver und Tropfenextrakte sowie Salben und Pasten bei Hauterkrankungen.
Die Therapie kann parallel zur schulmedizinischen Behandlung eingesetzt werden und eignet sich sowohl für Erwachsene als auch für Kinder.

Behandlung von Migräne mit Traditioneller Chinesischer Medizin

Schätzungsweise 13 Millionen Menschen in Deutschland leiden im Laufe ihres Lebens unter den anfallartigen meist pulsierenden Kopfschmerzen einer Migräneattacke, die oftmals mit Begleitsymptomen wie Übelkeit und extremer Licht- und Lärmempfindlichkeit einhergehen.

Migräne ist eine neurologische Erkrankung, die bei Frauen dreimal häufiger auftritt als bei Männern. Eine unbehandelte Migräneattacke dauert zwischen vier und 72 Stunden. Betroffene sollten sich lieber frühzeitig neurologisch untersuchen lassen, um andere Erkrankungen, wie beispielsweise Epilepsie, Entzündungen oder schlimmstenfalls einen Hirntumor, die die Kennzeichen von Migräne imitieren, auszuschließen.

Die westliche Medizin behandelt Migränepatienten häufig mit speziellen Schmerzmitteln, die Triptan-Wirkstoffe beinhalten. Allerdings ist diese Behandlung durch unangenehme Nebenwirkungen wie Schwindel, Hitzegefühl und Übelkeit gekennzeichnet. Während die schulmedizinische Standardtherapie Migräne mit schmerzunterdrückenden Medikamenten behandelt, zielt die Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) darauf ab, den Körper wieder in ein Gleichgewicht zu bringen. Dem ganzheitlichen Ansatz entsprechend versteht die TCM Krankheiten als Störung des Gleichgewichts. Abweichend von den monokausalen und eindeutigen Zusammenhängen der westlichen Medizin, beschränkt sich die Heilkunst aus dem Reich der Mitte nicht auf wenige Parameter, sondern sieht Beschwerden und Befunde im Zusammenhang der gesamten Regulation des Körpers.

Die TCM ist eine individualisierte Medizin in der jeder Mensch unterschiedliche Reaktionen auf äußere oder innere Krankheitsursachen zeigt. Deshalb findet zu Beginn der TCM-Behandlung zunächst ein ausführliches Anamnesegespräch statt, bei dem der Arzt nicht nur nach den körperlichen Beschwerden, sondern auch nach dem seelischen Zustand und den Lebensumständen des Patienten fragt. Aussagen dazu liefern ihm wertvolle Informationen für die Diagnose und das richtige Therapieverfahren. Treibt der Betroffene Sport? Leidet er unter Stress, Schlafstörungen oder Zahnfleischbluten? Dies sind nur einige der vielen Fragen, die dem Patienten gestellt werden. Zusätzlich bedarf es der Zungen- und Pulsdiagnose. „Die Zunge gilt in China als Spiegel des Inneren. Einzelne Bereiche können inneren Organen zugeordnet werden“, erklärt Dr. med. Sven Schröder, Geschäftsführer des HanseMerkur Zentrums für Traditionelle Chinesische Medizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Über die Farbe, Form, Feuchtigkeit und den Belag der Zunge erhält der behandelnde Arzt Auskunft über die Erkrankung. Bei der Pulsdiagnose wird der Puls u.a. nach Geschwindigkeit, Frequenz und Härte beurteilt. Unterschieden werden dabei über 30 Pulsqualitäten an den Taststellen der Handgelenke.

Die TCM ist bei der Behandlung von Migräne sehr erfolgreich. Häufigkeit und Intensität von Migräneattacken lassen sich durch Akupunktur und chinesische Arzneitherapie lindern. Die Einnahme von schulmedizinischen Medikamenten kann nicht selten reduziert oder es kann sogar ganz darauf verzichtet werden. In der Regel sind dafür fünf bis zehn Akupunktursitzungen erforderlich. Ergänzend tragen auch die konzentrativen Atem- und Bewegungsübungen des Qigong mit systematischen Dehnübungen von Reflexarealen zur Harmonisierung und Regulierung der Körperfunktionen bei.

Wenn etwas auf den Magen schlägt…

Die Therapiemethoden der Traditionellen Chinesischen Medizin finden auch bei Erkrankungen des Verdauungstraktes Anwendung.

Kurz und heftig hat sie jeder einmal: Bauchschmerzen, ausgelöst durch falsches Essen – zu viel, zu schnell, zu kalt. Oder durch einen heftigen Infekt, der dann häufig gleich die ganze Familie schachmatt setzt. Viele Menschen leiden jedoch permanent unter Magen-Darm-Beschwerden, klagen über Schmerzen, Durchfall oder Verstopfung, zum Teil jahrzehntelang. Nur in etwa einem Drittel der Fälle kann die westliche Medizin eine organische Ursache diagnostizieren und entsprechend behandeln. Für die zahlreichen Patienten, bei denen die Beschwerden funktionelle Ursachen haben, bietet sie kaum Therapien.

Die Traditionelle Chinesische Medizin ist  bei Erkrankungen, denen keine organische Ursache zuzuordnen ist, besonders erfolgreich. Es werden die gesamten Körperfunktion, also nicht nur das einzelne Organ betrachtet, um Fehlregulationen aufzuspüren. „Wenn der Verdauungstrakt Probleme bereitet, sind häufig die individuelle Konstitution, eine dauerhafte Fehlernährung oder ein emotionales Ungleichgewicht die Ursache“, erläutert Dr. Sven Schröder, Geschäftsführer des HanseMerkur Zentrums für Traditionelle Chinesische Medizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Mit etwa 100 Millionen Nervenzellen zwischen Speiseröhre und Darmausgang ist der Magen-Darm-Trakt ein hochsensibles Netzwerk, das auf Störungen unmittelbar reagiert. Das sogenannte enterische Nervensystem steuert nicht nur die Verdauung, sondern reguliert autonom auch andere vegetative Funktionen. Diese sind wiederum u.a. auch von der psychischen Verfassung abhängig. Psychische Faktoren, Emotionen und Stress können also durchaus auch „auf den Magen schlagen“.

Mit den Methoden der TCM lassen sich die Symptome – vom Sodbrennen bis zur Magenschleimhautentzündung – deutlich lindern oder vollständig beseitigen. Akupunktur und Moxibustion, chinesische Heilkräuter und die Massagetechnik Tuina werden im Rahmen einer auf den Patienten zugeschnittenen Therapie eingesetzt. Zudem gibt der TCM-Arzt dem Patienten Ernährungsempfehlungen.

Bei Krankheitsbildern die mit organischen Schäden einhergehen,  ist eine Kombinationstherapie aus westlicher Medizin und TCM erfolgversprechend: Die medikamentöse Therapie von chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen wie Morbus Crohn und Colitis ulcerosa, von Magengeschwüren und auch von Magen-Darm-Krebs, wird dann von einer TCM-Therapie begleitet und kann helfen nebenwirkungsreiche Medikamente einzusparen. 

Die Informationen auf dieser Seite wurden uns zur Verfügung gestellt von Dr. med. Sven Schröder.

TCM-Arzt und Facharzt für Neurologie
Ärztlicher Geschäftsführer
HanseMerkur Zentrum für Traditionelle Chinesische Medizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf