Brustkrebs kommt unerwartet. Der Befund macht Angst, vor dem was kommt und kommen wird. Operation, Strahlentherapie, medikamentöse Behandlung? Jede Frau, bei der Brustkrebs diagnostiziert wird steht ganz plötzlich vor vielen Fragen.

Therapie-Bausteine auf dem Weg zurück ins Leben

Mit mehr als rund 70.000 Neuerkrankungen pro Jahr ist Brustkrebs die häufigste bösartige Tumorerkrankung der Frau. Bereits vor dem 50-Lebensjahr, selten auch vor dem 30 Lebensjahr, können Frauen betroffen sein. 

Experte Dr. med. Thomas Gierlich, Oberarzt in der MediClin Kraichgau-Klinik in Bad Rappenau, beantwortet die wichtigsten Fragen zum Thema Therapie bei Brustkrebs:

Wie kann Brustkrebs frühzeitig diagnostiziert werden?

Die regelmäßige Selbsttastung der Brust gilt als wichtigste Maßnahme, die jede Frau ohne großen Aufwand selbst durchführen kann. Bei tastbaren oder sichtbaren Veränderungen sollte der Facharzt hinzugezogen werden. Mit Hilfe einer Mammographie eventuell in Ergänzung mit einer Mammasonographie können die meisten Verdachtsfälle ausgeräumt werden. Finden sich jedoch Hinweise auf einen tumorverdächtigen Befund z.B. sogenannter Mikrokalk oder auch Gewebeveränderungen, wird zur genauen Befundklärung eine sogenannte Biopsie empfohlen. Hierbei wird ambulant Gewebe entnommen, welches histologisch untersucht wird.

Wenn ein Brustkrebs-Tumor bösartig ist – was passiert dann?

Bestätigt sich der Verdacht auf ein Mammakarzinom durch die Gewebeprobe, muss die Patientin viele Entscheidungen treffen. Die Deutsche Krebsgesellschaft rät, sich für die Behandlung an ein zertifiziertes Brustzentrum zu wenden. Hier planen Fachärzte gemeinsam mit den Betroffenen die nächsten Schritte. Zunächst gilt es, den Tumor zu identifizieren und festzustellen, ob die Lymphknoten bereits befallen sind. Mit diesem Wissen kann dann entschieden werden, welche weiteren Maßnahmen notwendig sind.

Was beinhaltet eine Therapie bei Brustkrebs?

Grundsätzlich basiert die Therapie bei Brustkrebs auf drei Säulen: Operation, Strahlentherapie, medikamentöse Behandlung. In den meisten Fällen kann die Brust erhalten und der Tumor mit einem Sicherheitsabstand operativ entfernt werden. Zusätzlich werden Lymphknoten aus der Achselhöhle entnommen. Dabei wird heute häufig nur noch der Wächterlymphknoten entfernt. Dies ist der erste Lymphknoten, der die Lymphe aus dem Tumorgebiet filtert. Ist dieser in der histologischen Untersuchung frei von Tumorzellen, kann auf eine größere operative Ausräumung der Lymphknoten aus der Achselhöhle verzichtet werden. Am Tumorgewebe werden durch spezielle Untersuchungen biologische Eigenschaften des Tumors bestimmt, die für die weitere Planung einer zusätzlichen medikamentösen Therapie erforderlich sind. Der fehlende Lymphknotenbefall, das Vorhandensein von Hormonrezeptoren, ein kleiner Tumor sowie eine gute Differenzierung des Gewebes sind prognostisch günstig. Ist der Tumor in Relation zum übrigen gesunden Gewebe der Brust zu groß, ist eine Brust erhaltende Operation in den meisten Fällen nicht möglich. Neue plastische Methoden ermöglichen jedoch eine optisch gute Rekonstruktion. Nach einer Brust erhaltenden Operation ist eine Strahlentherapie der Brusterforderlich. Ist eine Chemotherapie geplant, so erfolgt die Bestrahlung der Brust meist nach Abschluss der Chemotherapie. Die Antihormontherapie kann während der Bestrahlung begonnen werden.

Was bedeutet Brustkrebs für die Patientinnen?

Die Diagnose Mammakarzinom ist längst kein Todesurteil mehr. Verbesserte Therapien, eine neue Generation von Medikamenten und der Zusammenschluss von Fachärzten in sogenannten Brustzentren haben die Überlebenschancen stark verbessert. Nach der engmaschigen Betreuung in der Akutklinik und Strahlenabteilung werden die Betroffenen in ihr häusliches Umfeld entlassen. Und genau an diesem Punkt fallen viele Patienten in ein tiefes Loch. Hier müssen sie erkennen, dass es nicht  so einfach ist, in ihr gewohntes Leben zurückzukehren. Untersuchungen, Operationen und Strahlentherapie haben Spuren hinterlassen. Körperlich wie seelisch. Die Patientinnen sind erschöpft und ausgebrannt. Die Medizin ist bei der Behandlung von Brustkrebs weit entwickelt. Es werden heute häufiger Patientinnen geheilt als noch vor fünf Jahren. Doch der Preis ist für viele Betroffene hoch. Nach überstandener Akuttherapie bleiben existenzielle Fragen: Kommt der Krebs wieder? Wie kann das künftige Leben aussehen? Wie mit dem zeitweisen Verlust der Haare umgehen? Was hilft gegen Übelkeit, Gliederschmerzen, die bleierne Müdigkeit sowie die vielen anderen massiven Nebenwirkungen der medikamentösen Therapie?

Wer hilft nach überstandener Akut-Therapie?

Brustkrebs-Patientinnen haben einen Anspruch auf eine Anschluss-Rehabilitation. Gemeinsam mit Ärzten und Psychologen kann das seelische Gleichgewicht zurück gewonnen werden. Sporttherapeuten helfen, die körperlichen Kräfte wieder aufzubauen, Onkologen unterstützen, die Nebenwirkungen der Chemo- oder Tamoxifen-Therapie (Anti-Hormontherapie) so weit es geht abzumildern. Wichtig ist dabei das Zusammenspiel aus ausgebildeten Fachärzten und Therapeuten, bestehend aus Onkologen, Hämatologen, Psychologen, Physiotherapeuten, Sporttherapeuten und Ernährungsspezialisten. Gemeinsam finden wir individuelle Ansätze, Lösungen und Wege, um das Leben jeder einzelnen Patientin wieder so lebenswert wie möglich zu machen.

Wie lange dauert eine Anschluss-Reha?

Gerade in der Nachsorge ist Zeit ein ganz entscheidender Faktor. Im Rahmen des dreiwöchigen Aufenthaltes haben wir die Zeit und Ruhe, die Patienten medikamentös einzustellen um die Nebenwirkungen der Therapie abzufangen. Die Chance, sie körperlich wieder aufzubauen. Und die Zeit, das seelische Gleichgewicht wieder herzustellen. Dies ist in der ambulanten Betreuung einfach nicht möglich.

Geschrieben von LINDA SCHULZKI